Rosa Andraschek, Simon Nagy
Der kürzeste Weg – Orte des Gedenkens Saalfelden (2025)
2025Standort
Saalfelden Standort:
5760 Saalfelden am Steinernen Meer
Architektur
Künstler_in
Rosa Andraschek
Simon Nagy
Ein Recherche- und Vermittlungsprojekt rund um den Eisenbahner und Sozialdemokraten Karl Reinthaler
Der vierte Erinnerungsort an den Widerstand gegen das NS-Regime im Rahmen des Projekts Orte des Gedenkens wird 2025 in Saalfelden realisiert. Im Zentrum stehen der Sozialdemokrat Karl Reinthaler und der Widerstand der Eisenbahner. Der Wagenmeister und Lokführer wurde von der Wirtin des Bahnhofsrestaurants denunziert und 1942 von der Gestapo verhaftet. Zum Verhängnis wurde ihm, dass er für die „Rote Hilfe“ gespendet hatte, um eine Kioskbetreiberin zu unterstützen. Nachdem ihre Söhne verhaftet worden waren musste sie ihren Kiosk schließen.
Karl Reinthaler schmuggelte zudem Zeitungen aus der Schweiz und verteilte sie unter vertrauenswürdigen Kollegen – ein weiteres verbotenes Engagement. Nach seiner Verurteilung wurde er ins Zuchthaus Amberg eingeliefert, ein Lager für politisch Inhaftierte, wo er Zwangsarbeit leisten musste. Eine Tätigkeit bei einer Zeiss-Zweigniederlassung rettete ihm nach eigener Aussage das Leben. Nach Kriegsende zog er für die SPÖ in den Landtag ein und war von 1972 bis 1979 Bürgermeister von Saalfelden. Trotz gesundheitlicher Folgen seines Leidenswegs engagierte er sich später als Zeitzeuge an Schulen.
Das Kunstprojekt „Der kürzeste Weg“ von Rosa Andraschek und Simon Nagy
Wie an den anderen Orten zuvor wurde auch in Saalfelden ein geladener künstlerischer Wettbewerb in Kooperation mit dem Fonds zur Förderung von Kunst am Bau und Kunst im öffentlichen Raumdes Landes Salzburg durchgeführt. Die Jury unter dem Vorsitz von Kunsthistorikerin Hildegard Fraueneder hat sich mit absoluter Mehrheit für die Einreichung von Rosa Andraschek und Simon Nagy entschieden.
Unter dem Arbeitstitel „Der kürzeste Weg“, ein Zitat des Lokführers Karl Reinthaler, entwickelten die Künstler:innen ein temporäres Projekt, mit dem im Stadtraum von Saalfelden der Widerstand der Eisenbahner von Mai 2025 bis Mai 2026 sichtbar und hörbar werden wird. An fünf Audio-Stationen werden die gesprochenen Erinnerungen von Karl Reinthaler an Widerstandsakte, Denunziation und Verhaftung und an seine Haft hörbar sein. Die sechste Audio-Station ist den weiteren Eisenbahnern gewidmet und umfasst anstelle gesprochener Erinnerungen ein kurzes Musikstück des Bassisten Lukas Kranzelbinder. Das Stück wird im Rahmen des Jazzfestivals Saalfelden im August 2025 mit einem eigenen Programmpunkt eine Erweiterung erfahren. Ein über die Projektdauer hinaus bleibender Faltplan vernetzt die Orte untereinander und erweitert die persönlichen Erzählungen um historisch-vermittelnde Texte.
Begleitend dazu wird in Zusammenarbeit mit dem Gymnasium Saalfelden ein einjähriges Schulprojekt stattfinden. Dabei setzen sich Schüler:innen der 7. Klasse intensiv mit lokalen Biografien von Widerständigen gegen das NS-Regime bzw. Opfern der Nationalsozialisten auseinander. Am Ende des Projekts sollen die ersten Stolpersteine in Saalfelden verlegt werden.
„Das künstlerische Konzept von Andraschek und Nagy überzeugt vor allem durch die Verbindungen von Persönlichem und Allgemeinem, von Konkretem mit historischen Zusammenhängen und den Kontinuitäten der NS-Geschichte bis in die Gegenwart. Mit den Audio-Stationen bringen die Künstler:innen die 2007 filmisch aufgezeichneten Erzählungen Karl Reinthalers genau an jenen Orten zur Aufführung, an denen sich die Geschehnisse auch zugetragen hatten.“ Hildegard Fraueneder, Projektleitung Orte des Gedenkens.
Über das Projekt Orte des Gedenkens
Zur Erinnerung an den Widerstand gegen den Nationalsozialismus realisiert das Land Salzburg in jedem politischen Bezirk über sechs Jahre hinweg einen temporären Gedenkort. Das Konzept der Arbeitsgemeinschaft Orte des Gedenkens basiert auf drei Säulen: historischer Aufarbeitung, künstlerischer Intervention und Vermittlungsarbeit. Zum Bildungsprogramm gehören öffentliche Veranstaltungen sowie Workshops an Schulen, Bildungsstätten und mit NGOs oder Kulturinitiativen – in Kooperation mit ERINNERN.AT. Im Zentrum stehen dabei Biografien, die Einblicke in autoritäre Systeme, Widerstand und Zivilcourage geben und unterschiedliche Zielgruppen ansprechen.
Geleitet wird das Projekt von der Kunsthistorikerin Hildegard Fraueneder und den Historikern Albert Lichtblau und Robert Obermair. Die Kunstprojekte entstehen in Zusammenarbeit mit dem „Fonds zur Förderung von Kunst am Bau und Kunst im öffentlichen Raum“ des Landes Salzburg. Nach der Eröffnung folgen Diskussionsabende, Veranstaltungen und Workshops vor Ort. In Saalfelden kooperiert das Projektteam mit dem Museum Schloss Ritzen, dem Bildungszentrum, dem Kunsthaus Nexus und der Stadtgemeinde Saalfelden.
Am 10. Mai wird im Rahmen der Eröffnung von Orte des Gedenkens Saalfelden das Projekt „Der kürzeste Weg“ unter Anwesenheit der Künstler*innen präsentiert.
Mehr Information zur Veranstaltung